Die Jahreslosung für das neue Jahr 2025 steht im Brief des Paulus an die junge christliche Gemeinde in Thessaloniki und heißt
Prüfet alles und behaltet das Gute.
1 Thess 5,21
Prüfen ist wichtig. Wir müssen Gegenstände regelmäßig überprüfen, um die Sicherheit zu gewährleisten. Wenn Brücken, Autos oder Elektrogeräte schadhaft sind, zum Beispiel durch Materialermüdung oder Verschleiß, könnte das Lebensgefahr bedeuten.
Aber auch Informationen müssen wir überprüfen. Fake News verbreiten sich in Windeseile in den sozialen Medien. Mit reißerischen Schlagzeilen, gefälschten Bildern und Behauptungen werden dort Lügen und Propaganda ungeprüft weiterverteilt und nicht selten gegen Unschuldige Stimmung gemacht.
Auf allen Kanälen ist Vorsicht geboten. Trickbetrüger geben sich als Enkel*in aus und gaukeln älteren Menschen eine akute Notlage vor, in der sie dringend eine große Summe Geld benötigen. Wie bitter, wenn die Opfer aus Angst ungeprüft diese Forderung nachgeben und mühsam Erspartes in falsche Hände kommt.
»Prüfet alles und behaltet das Gute«, ermutigt uns die Jahreslosung. Aber wie ist denn diese Aufforderung gemeint?
Sie steht in der Mitte von weiteren Anweisungen von Paulus und lautet im Zusammenhang so:
Den Geist dämpfet nicht. Prophetische Rede verachtet nicht. Prüft aber alles und das Gute behaltet. Meidet das Böse in jeder Gestalt.
1 Thess 5,20–22
Der Bezugspunkt ist die prophetische Rede. Was ist damit gemeint? In den Gottesdiensten der frühchristlichen Gemeinden ging es anders zu als bei uns heute. Mehrere konnten zu Wort kommen und sich einbringen. Neben Psalmen, Liedern und Gebeten gab es auch Äußerungen zum aktuellen Geschehen und zu dem, was die Gemeinde beachten sollte. Gemeindeglieder konnten verschiedene, manchmal auch gegensätzliche Erkenntnisse äußern. Statt dem gleich von vornherein einen Riegel vorzuschieben und solche spontanen Einbringungen zu verbieten, ermutigt Paulus die Christ*innen zum Prüfen. Alle sollen zu Wort kommen. Aber nicht alles muss befolgt werden.
Heute geht es in unseren Gottesdiensten anders zu als damals in Thessaloniki oder Korinth. Aber das Prüfen ist immer noch eine wichtige Aufgabe für uns. Immer wieder sind wir gefragt, auch über den Gottesdienst hinaus, was an einer Aussage oder Meinung dran ist und wie zu entscheiden ist.
Hier drei Prüfsteine, die uns in unseren verschiedenen Prüfaufträgen eine Hilfe sein können.
1. Sorgfältig wahrnehmen
Wer kennt es nicht: Wir hören etwas, aber überhören ein wichtiges Wort. Wir lesen etwas, aber übersehen Wesentliches. Immer wieder passiert es uns, dass wir etwas nicht richtig wahrnehmen. Manchmal kommt beim Hörenden das Gegenteil an von dem, was gemeint war. „Ein hörendes Ohr und ein sehendes Auge, die macht beide der HERR“, heißt es in den Sprichwörtern Salomos (Spr 20,12). Und Matthias Claudius sagt: „Was du sehen kannst, das siehe, und brauche deine Augen, und über das Unsichtbare und Ewige halte dich an Gottes Wort.“ Unsere Wahrnehmungsfähigkeit ist ein Geschenk des Schöpfers, das wir ausgiebig und sorgfältig einsetzen sollten.
2. Die richtigen Fragen stellen
Nicht alles ist immer eindeutig. Da hilft es, wenn man fragt: »Was meinst du damit?« Oder: »Wie soll ich das verstehen?« Auch kann es helfen, nach den Beweggründen für eine Äußerung zu fragen. Sorgfältiges Nachfragen bringt die Wahrheit ans Licht. Es achtet den Nächsten in seiner Würde und seinen Rechten und lässt ihn nicht ins falsche Licht geraten.
3. Mit dem Wort Gottes prüfen
Die Bibel ist kein Rezeptbuch für alle Fälle und gibt nicht Antwort auf alle Fragen. Aber sie enthält Leitlinien, die uns Orientierung geben. Dazu gehören die Zehn Gebote und allem voran das Doppelgebot der Liebe, in dem Jesus die Liebe zu Gott und zum Nächsten in den Mittelpunkt stellt. Aber auch die goldene Regel in der Bergpredigt, die lautet: »Alles, was ihr wollt, dass es euch die Leute tun, das tut auch ihr ihnen«, atmet den Geist der Liebe und der Weisheit. Darüber hinaus gibt es viele Geschichten, Gleichnisse und Worte, die uns beim Prüfen in unterschiedlichen Gesprächen und Lebenssituationen helfen können, die richtige Entscheidung zu treffen.
Wie sollen wir entscheiden?
Paulus meint mit dem Prüfen kein unverbindliches Angebot, das man tun oder auch lassen kann. Es gilt, unvoreingenommen zu prüfen, aber nicht ohne Erwartungen. Das Gute soll dabei herauskommen. Was aber ist das Gute? Im Römerbrief gibt Paulus dazu die Antwort, wenn er schreibt: »Stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, auf dass ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.« (Röm 12,2) Das Gute ist das, was Gott will. Dem Guten entgegen steht das Böse. Das gilt es nicht zu prüfen, sondern zu meiden. Das Böse meiden bedeutet also, das Gute zu behalten und dem Willen Gottes entsprechend zu leben.
Das ist bestimmt nicht immer einfach. Gott ist eindeutig gut, aber was konkret in einer bestimmten Situation das Gute oder auch manchmal nur das Bessere ist, müssen wir von Fall zu Fall prüfen und entscheiden.
Auch 2025 werden wir immer wieder vor Prüfanforderungen stehen, die nicht nur einfache Lösungen versprechen. Aber wir dürfen auch im neuen Jahr gewiss sein, dass Gott mit uns ist, das Gute zu gewinnen und zu behalten. Die Bitte aus einem Psalm kann uns dabei helfen: »Lehre mich tun nach deinem Wohlgefallen, denn du bist mein Gott; dein guter Geist führe mich auf ebener Bahn.« (Ps 143,10).
Ein gesegnetes, gesundes und glückliches Jahr 2025 wünscht Ihnen
Prädikantin Dorothee Leister
Quelle: Prädikantenpredigten der Landeskirche Württemberg